Dienstag, 14. April 2009

Interview mit Colin Günther

Vor einigen Wochen ist mit Colin Günther ein neues Gesicht in der Haiku Entwickler Gemeinde aufgetaucht. Er wird in den nächsten Monaten intensiv an einen WLAN-Stack für Haiku arbeiten und dabei Ithamar Adema ablösen, der daran im Rahmen einer Haikuware Bounty schon ein wenig Vorarbeit geleistet hat.
In seinem Haikuware Blog lassen sich Colin's Fortschritte nachlesen.

Colin war so freundlich uns ein paar Fragen zu beantworten:

Erzähl uns mal kurz was über Dich.

Ich bin 26 Jahre und studiere Informatik an der HTWK Leipzig. Ich besitze bereits einen Bachelor und strebe nun noch den Masterabschluss an. Die Masterarbeit wird sich um den Entwurf eines WLAN-Stacks für Haiku drehen.
Seit dem ich meinen grafischen Taschenrechner Casio GTR 9850G habe programmiere ich. An diesem Gerät hat mich besonders seine schwache Rechenleistung fasziniert. Dadurch war ich gezwungen stets effizient zu programmieren und die Plattform in und auswendig zu kennen.

Wie und wann bist Du auf Haiku gekommen? Vorher schon mal BeOS benutzt?

Den ersten Kontakt mit BeOS verdanke ich einer Demo-CD. Diese enthielt die BeOS R5 Personal Edition. Die Bootzeit auf meinem P3-500MHz hatte mich verblüfft. Ich kannte bereits verschiedene Windows und Linux versionen, doch was BeOS an Bootzeit an den Tag legte kannte ich nur von meinem alten DOS-Rechner. Für mich war es Sympathie at first sight. Ernsthaft verwendet habe ich es jedoch nie, vor allem wegen fehlender
Unterstützung meiner Soundkarte.
Die Aktivitäten rund um Haiku verfolge ich schon mindestens 5 Jahre, begründet durch mein generelles Interesse an Betriebssystemen.

Falls Du ganz frisch zu Haiku gekommen bist: Wie beurteilst Du als Entwickler den Einstieg bei Haiku?

Für mich ist der Einstieg bei Haiku, gleichzeitig der Einstieg in die Open Source Welt. Als Akademiker bin ich es gewohnt zu jedem Thema reichlich Literatur zur erfügung zu haben, für Haiku sieht es diesbezüglich dunkel aus.
Allerdings wird dies kompensiert durch viele hilfsbereite Entwickler auf den Mailinglisten. Für mich war es eine angenehme Überraschung wie schnell und vielschichtig geantwortet wird.

Wirst Du mit Ithamar zusammenarbeiten? Wie seid ihr wegen der Bounty verblieben?

Ich werde größtenteils eigenständig am WiFi-Stack arbeiten. Was natürlich die ein oder andere Frage an Ithamar einschließt ;-)
Ithamars begonnene Arbeit am Stack dient mir als Orientierung. Er hat zum Beispiel bereits Teile vom atheros Treiber zum compilieren bekommen. Dadurch kann ich mich schon auf andere Teile konzentrieren.
Was die Bounty angeht wurde Ithamar von mir benachrichtigt, dass ich die Bounty übernehmen möchte, worauf er keine Einwände hatte.

Wie einsatzfähig schätzt Du den WiFi Stack zum Abschluss Deiner Arbeit ein? Wie ist die Treibersituation?

Das Ziel meiner Arbeit definiert sich aus 2 Blickwinkeln. Zum einen ist da die Bounty, zu deren Abschluss ein atheros Treiber stehen wird, der den WLAN-Stack nutzt. Zum anderen wird sich meine Masterarbeit auf den Entwurf des WLAN-Stacks konzentrieren.
Am Ende wird es also ein Dokument geben, welches den Haiku-WLAN Stack beschreibt (und somit anderen Entwicklern den Einstieg erleichtert), und eine Implementierung des WLAN-Stacks, welche hauptsächlich auf die Unterstützung des atheros treibers hin getestet wurde.
Ein Entwurfskriterium des Stacks ist WLAN-Treiber von BSD durch neucompilieren nutzen zu können. Es müssen also keine Änderungen an ihrem Quellcode vorgenommen werden.

Mit welcher Hardware entwickelst Du (WiFi und Computer)?

Mein Test-/Entwicklungssystem ist ein Thinkpad vom Typ T41p. Es enthält einen 1.7 GHz Single Core Pentium M, 2 GB Ram und eine WLAN-Karte mit atheros AR5212 Chipsatz. Mein WLAN-Accesspoint ist eine Fritz!Box.

Neben der funktionierenden Hardware gibt es natürlich noch die Softwareseite. Kümmerst Du Dich im Rahmen Deiner Arbeit auch um die benötigten Protokolle?

WLAN-Stack ist im Grunde eine andere Bezeichnung für Protokollschichten. Diese Protokolle sind im Gegensatz zu bekannten Protokollen wie TCP/IP sehr hardwarenah, und regeln zum Beispiel das spezielle Format für Funkübertragungsdaten.
Der Entwurf des WLAN-Stacks wird zwar alle Protokolle und Verschlüsselungsmethoden enthalten, die Implementierung wird allerdings Einschränkungen aufweisen. So wird zum Beispiel keine Verschlüsselung unterstützt. Es wird jedoch möglich sein drahtlos im Internet zu surfen, oder Daten vom ftp Server zu ziehen.

Nach der Uni von Auckland mit ihrem Stack&Tile und Layoutmanagement bist Du der zweite aus einem akademischen Hintergrund. Siehst Du in diesem Bereich eine Zukunft für Haiku?

An meiner Uni gibt es ein Multimedia-Projekt, das sich mit Rundumvideo beschäftigt. Diese Leute verwendeten anfangs BeOS/Zeta als Betriebssystem aufgrund der Geschwindigkeitsvorteile. Mittlerweile nutzen sie Windows und Grafikkartenbeschleunigung.
Die Multithreading-Natur von Haiku ist in Zeiten von Multicore Prozessoren ein großer Vorteil. Wenn dann noch Grafikkartenbeschleunigung dazu kommt, bietet Haiku ein Forschungsfeld, wie kaum ein anderes Betriebssystem.

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